SCHOTTER RAUS!
JEDER QM ZÄHLT
Sterile Schotterflächen zum Leben erweckenEndlich ist das Haus fertig – nach all der Arbeit soll nun der Garten möglichst pflegeleicht sein. Sahen die Fotos von Kiesgärten nicht modern und elegant aus? So wurde das Vorhaben ruck-zuck umgesetzt.Doch – ein Garten zum Wohlfühlen ist das eigentlich nicht geworden… Und sollten die Kinder im eigenen Haus nicht eigentlich Kontakt zur Natur haben können? Blumen, Schmetterlinge, Wildbienen und Vögel kennenlernen? Unkrautfrei bleibt die offene Schotterfläche auf Dauer doch nur, wenn man hinterher ist – oder Gift einsetzt. Vielleicht wäre eine lebendige Oase mit Blumen und bunten Faltern doch schöner? Aber wie, wenn man keinen grünen Daumen hat und wenig Zeit?Es ist gar nicht so schwierig, einen sterilen Schottergarten zum Leben zu erwecken – und zwar ohne später Rasenmähen oder ständig Unkraut jäten zu müssen! Richtig angelegt könnte hier ein sogenannter Blumenschotterrasen entstehen: Auf dem steinigen oder sandigen mageren und trocken Substrat wachsen dann vor allem blütenstarke heimische Wildkräuter wie Rundblättrige Glockenblume, Karthäusernelke, Heidenelke, Felsennelke, Sonnenröschen, Feldthymian und ein paar langsam wachsende Gräser wie das heimische Wimper-Perlgras. Die bieten viel Futter für hungrige Insekten! Statt Rasenmähen: ein Plätzchen suchen und Wildbienen und Schmetterlinge beobachten – das ist nicht nur für Kinder ein Vergnügen!Tatsächlich könnten Gartenbesitzer viel dazu beitragen, dem dramatischen Artensterben vor unserer Haustür entgegenzuwirken. Gerade bei uns auf dem Land gehören Gärten zu den letzten Rückzugsorten für Wildtiere, denn in der Agrarlandschaft gibt es kaum noch Wiesen oder Hecken, wo Insekten, Amphibien, Reptilien und Vögel Nahrung und Brutplätze finden könnten.Wer in seinem Garten statt exotischen Kirschlorbeer heimische Wildsträucher pflanzt, wird reich belohnt: Je größer die Vielfalt an Pflanzen, umso mehr Leben lässt sich beobachten. Je mehr Gärtner und Gärtnerinnen auf Gift verzichten und mitteleuropäischen Pflanzen Platz einräumen, umso größer ist die Chance, dass in unseren Ort bald wieder Schmetterlinge zurückkehren, die früher so häufig waren und die jetzt viele gar nicht mehr kennen: Schwalbenschwänze, Schachbrettfalter, Bläulinge, selbst Zitronenfalter sieht man nicht mehr oft!Wer seine Schotterfläche in einen echten – naturnahen – Steingarten umwandeln möchte, kann das ohne viel Aufwand und hohe Kosten umsetzen, sollte aber am Anfang ein paar Dinge beachten: Am besten das Vlies unter der Steinauflage möglichst weiträumig herausreißen. Wo das nicht gut möglich ist, zumindest vielfach durchstechen, damit Wurzeln einen Weg in die wasserführende Bodenschicht finden. Dann auf die Schotterschicht eine mindestens 25 cm dicke Schicht Kies, Wandkies, Gesteinssplitt oder Sand mit Feinanteil (Körnung 0-16 oder 0-30) aufbringen. Der Rollkies oder Schotter der bisherigen Schotterfläche dient nun als Drainageschicht, die zusätzliche Auflage dient nun als mageres und unkrautfreies Pflanzsubstrat. Wichtig: keinen Humus oder Mutterboden aufbringen (zu nährstoffreich und oft mit Unkräutern verseucht)! In die so vorbereitete Fläche können nun heimische trockenheitsverträgliche blütenreiche Wildstauden gepflanzt und gesät werden. Bei der Wahl der Pflanzen sollte man sich an Wildblumenproduzenten wenden und nicht auf billige Saatgutmischungen oder sogenannte „Bienenpflanzen“ aus dem Baumarkt oder Gartencenter zurückgreifen. Meist handelt es sich bei den Angeboten dort nämlich nicht um heimische Pflanzen, sondern um außereuropäische Arten. Setzen Sie lieber auf wirklich Heimisches – für viele spezialisierte Insekten, z.B. Wildbienen, sind diese Pflanzen überlebenswichtig!Für eine schnellere Blüte kann man bis zu 5 Topfstauden (auch aus einer Wildstaudengärtnerei) pro Quadratmeter setzen. Ins Pflanzloch gibt man dafür noch eine Handvoll unkrautfreien Kompost. Wenn man zusätzlich oder ausschließlich säen möchte, sollte man eine zwei cm dicke Schicht unkrautfreien Kompost (ersatzweise geht auch Rindenhumus) einrechen. Viele Wildstauden wachsen langsam, ein bisschen Geduld muss man mitbringen und: solange die Lücken noch groß sind, darauf achten, dass Allerwelts-Unkräuter wie Ackerkratzdisteln oder Löwenzahn nicht einwandern. Sie würden die zarten Wildpflanzen verdrängen. Sobald der Blumenschotterrasen gut eingewachsen ist, ist er ganz pflegeleicht. Gießen ist nur unmittelbar nach der Ansaat und bei Trockenheit in den ersten Wochen nötig, evtl. in den ersten beiden Jahren bei lang anhaltender Trockenheit, danach nicht mehr. Er kann begangen werden, sogar befahren. Wo viele Füße laufen, bleibt der Bewuchs niedrig, an den Rändern gedeihen höher werdende Blumen. Im Herbst, noch besser erst im Frühjahr, recht man die abgestorbenen Pflanzenteile ab.Beispiele, Tipps und Anregungen zur Umgestaltung Ihres Gartens:Eine Anleitung zum Umbau eines Schottergartens finden Sie hier:Steinschüttungen umwandeln. Leblose Schotterflächen werden zu blühenden Oasen! In: Natur & Garten Das Naturgarten-Fachmagazin 2020/3: Naturnahe kleine Gärten. Kleine Flächen sinnvoll umgestalten, S. 20-21Reinhard Witt: Natur für jeden Garten. Das Einsteiger-Buch. 10 Schritte zum Natur-Erlebnis-Garten, Ottenhofen 2013Machen Sie die Umgestaltung zu Ihrem Projekt 2024!